Prof. Dr. Dietmar Todt ist der Supervisor des Symposiums
und nur im Katalog mit einem Beitrag vertreten.


Dietmar Todt (Berlin)


Dietmar Todt ist seit 1976 Professor für Verhaltensbiologie an der FU Berlin. Vogelgesang, so Todt, gehört heute zu den Schwerpunktthemen verhaltens- und neurobiologischer Forschung. In seinem Beitrag geht er dem Beispiel des Nachtigallengesangs, seiner Charakteristik, Weitergabe und Funktion nach.Die Nachtigall ist einer der besterforschten Sänger unter den Vögeln. Ihr Gesang hat nicht nur arterhaltende Funktion: das männliche Werben um ein Weibchen mit lautstarkem Gesang. Es organisiert auch das Zusammenleben durch Reviermarkierung. Der männliche Gesang ist gegenüber dem der weiblichen Nachtigall diffiziler ausgeprägt und wird vom „Vater“ auf den „Sohn“ übertragen: „Wie sich zeigte, erbringen die Vögel dabei einige Teilleistungen, die bislang als Charakteristika des seriellen Lernens beim Menschen galten.“ (Todt, 2004) Todt möchte jedoch nicht den (häufig angestellten) Vergleich des Vogelgesangs mit der menschlichen Sprache aufstellen, sondern ihn als eigenständige Verhaltensleistung bewerten.

Vorsommerliche Inszenierungen in der Berliner Stadtlandschaft:
die Gesänge der Nachtigallen

Die Stadtlandschaft Berlins weist viele Besonderheiten auf. Keine andere Metropole bietet ihren Bürgern und Besuchern beispielsweise baumgesäumte Straßen oder Seenketten und zum Verweilen einladende Parks in vergleichbar großer Zahl. Und, dank seiner Fülle unübersehbaren Grüns ist Berlin auch noch immer ein Eldorado für viele Arten von Vögeln. Dazu gehört neben den Staren, den Amseln und den Finken auch eine weitere Spezialität: die Nachtigall. Jährlich entschließen sich etwa 1500 Nachtigallenpaare, hier ihren Sommer zu verleben. Ab Ende April sind die Lieder der Nachtigallenmännchen in fast allen Stadtbezirken zu hören: äußerst lautstark und in den ersten Maientagen sogar rund um die Uhr. Dieses Singen wird höchst virtuos gestaltet und, wo immer sich die Chance dafür bietet, als beeindruckender Sängerwettstreit inszeniert. Da all dies für eine Stadtlandschaft durchaus ungewöhnlich ist, wurde Berlin auch das Prädikat 'Hauptstadt der Nachtigallen' verliehen.

Steckbrief der Spezies
Nachtigallen sind sperling-große Vögel mit bräunlichem Gefieder und leicht rötlicher Schwanzpartie. Während ihr Aussehen also eher etwas unauffällig ist, liegen ihre Potenzen vor allem in 'Kopf und Kehle'. Darauf deutet auch der zweite Teil ihres wissenschaftlichen Namens "Luscinia megarhynchos" hin. Wie das Rotkehlchen (Erithacus rubecula), die Amsel (Turdus merula), die Singdrossel (Turdus philomelos), viele andere berühmte Sänger und vor allem ihre beiden nächsten Verwandten, der Sprosser (Luscinia luscinia) und das Blaukehlchen (Luscinia svecica), gehört die Nachtigall zu den Drosselvögeln (Turdinae), die neuerdings zur Unterfamilie der Familie der Fliegenschnäpperartigen (Muscicapidae) gerechnet werden. Bevorzugte Lebensräume sind buschreiche Parkanlagen oder Laubbaumbestände mit dichtem Unterwuchs, die Zugang zu Feuchtland oder Ufern von Gewässern bieten. Das erleichtert die Nahrungssuche, die sich vor allem auf diverse Insekten konzentriert. Da Nachtigallen Bodenbrüter sind, sollten ihre Siedlungsgebiete mit Strauchschichten oder Fallaub ausgestattet sein. Häufig werden die Nester nämlich versteckt unter Efeu oder sogar im Schutze von Brennesseln angelegt, was etwaige Risiken bei der Aufzucht des Nachwuchs wesentlich mindern kann (Glutz von Blotzheim 1988).

Nachtigallen sind Zugvögel, die den Winter im südlichen Ostafrika oder im tropischen Westafrika verbringen. Die Rückkehr in ihre europäischen Brutgebiete erfolgt im April. In Berlin kann man ab dem 21. April damit rechnen. Zuerst kommen die Männchen. Sie sind standorttreu; was heißt, dass sie ihre Reviere meist dort zu gründen versuchen, wo sie bereits früher gesiedelt hatten. Die Reviergründung ist mit lautstarkem Singen verbunden. Damit wird Zweierlei erreicht: Zum einen werden so männliche Konkurrenten auf Distanz gehalten, und zum anderen die etwas später zurückkehrenden Weibchen angelockt und zum Verweilen veranlaßt. Anfang Mai legt jedes Weibchen vier bis sechs Eier, die bis zum Schlüpfen der Jungen ungefähr zwei Wochen lang bebrütet werden müssen. Nach dem zwölften Lebenstag verlassen die Jungen das Nest, werden aber zunächst noch für zwei bis drei Wochen von ihren Eltern gefüttert und begleitet. Erst danach wagen sich die Jungen in die Welt außerhalb des elterlichen Reviers (Glutz von Blotzheim 1988). Zwischen Ende Juli und August verlassen junge und Csaba Bornemisza

Fr. 3. September
19 Uhr Märkisches Museum



Csaba Bornemisza (Wien)

Musik der Vögel, musikalische Elemente und Grundlagen des Vogelgesangs,
Musik im Vogelgesang

Photo: © Braumüller Verlag

Mit seinem 1999 erschienen Buch „Musik der Vögel“ hat Csaba Bornemisza wesentlich zum Diskurs über den Einfluss des Vogelsangs auf die Musikgeschichte beigetragen. Bornemisza forscht darin im Grenzbereich zwischen Ornithologie und Musikologie und untersucht die musikalische Dimension der Vogellieder wie auch ihre biologischen und psychologischen Aspekte. Sein Vortrag während des Symposiums „Stare über Berlin“ soll wichtige Einblicke in die Frage geben, wie der Mensch in seiner Kulturgeschichte den Vogelsang mit Faszination belauscht, imitiert und interpretiert hat. Er leitet damit in die das Symposium begleitende Ausstellung im Märkischen Museum ein, die Arbeiten von Christina Kubisch, Jutta Ravenna und Jens-Uwe Dyffort/Roswitha von den Driesch zeigt.
Diana Keppler. 2004
Csaba Bornemisza:
;Arbeit, Leib und Arbeit am Leibe", in: H. Petzold (Hrsg.), Psychotherapie und Arbeitswelt, Junfermann 1984.

 "Beobachtungen eines Beteiligten. Rechenschaftsbericht zur Einphasigen Lehrerausbildung", in: Zeitschrift für Pädagogik, Jahrgang 28, Heft 6. 

"Einige anthropologische Prämissen und ihre Konsequenzen in politischen Theorien", in: Polit. VJSchrift, Sonderheft 15, 1984. 

"Sammlungen - Erinnerungen an die Zukunft", in: P. Springer (Hrsg.), Aspekte der Alltagskultur, Katalog, Oldenburg 1984. 

"Wesen sein - zum Wesen sprechen: Masken", in: Symposion Maske 1, Hannover 1985.

 "Praxis und Bewußtsein in der Neuzeit", Einführung zu Teil IV von: H. Stachowiak (Hrsg.), Pragmatik, Handbuch pragmatischen Denkens, Meiner 1985. 

"Von der Seele zum Motor. Zur Verdrängung der Bewegung seit Aristoteles", und: "Rhythmen und Denkformen", in: Kraftfeld 4, 1986. 

"Die Seele sitzt nicht. Zur Anthropologie von Seelenvorstellungen", in: D. Kamper/Ch. Wulf, Das Erlöschen der Seele, edition Suhrkamp 1986. 

"Der gefühlte Mangel", in: D. Kamper/Ch. Wulf (Hrsg.), Theorie der Phantasie, Luchterhand 1986. 

"Der gefüllte Mangel", in: D. Kamper (Hrsg.), Macht und Ohnmacht der Phantasie, Luchterhand 1986. 

"Philosophieren lernen, indem man die Alten Griechen zu verstehen sucht. Mein Lehrer Hans Reich", in: Gymnasium Leopoldinum, Detmold 1987. 

"Kunst und Kunstakademien im"postindustriellen" Leben", Festvortrag in: Werden die Akademien in unserer Zeit verdrängt? Staatliche Akademie der Bildenden Künste, Karlsruhe 1987. 

"Sinnlichkeit und Sprache", in: Berichte der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Fischer 1987. "Philosophieren am Ende des Wollens", in: V. Spierling (Hrsg.), Schopenhauer im Denken der Gegenwart, Piper 1987. 

"Sinnenbewußtsein. Grundlegung einer anthropologischen Ästhetik." Rowohlt 1987. 

"Was machen unsere Bilder aus der Welt. Bilder in den historischen Beziehungen zur Mitwelt", in: Universitas 88. 

"Die Hülle - das Leben", in: Symposion Maske 3, Hannover 1988. 

"Der schöne Schein" Existenzielle Ästhetik, Benteli Verlag, Bern 1988. 

"The Geometrisation of Man", Katalog, Bombay 1988. 

"Mensch zwischen Natur und Naturbeherrschung: Wie neu ist Tschernobyl?", in: V. Knigge (Hrsg.), Fragen nach Tschernobyl, BIS, Oldenburg 1988. 

"Vom Leib zum Körper" Naturbeherrschung am Menschen in der Renaissance, Rowohlt 1988. 

"Um eins zu sein mit dem großen Geist, müssen wir ihn mit unserer Haut spüren", in: Th. Christiansen, J. Thiele: Dorothee Sölle im Gespräch, Kreuz Verlag 1988. 

"Tiefendimensionen des Ästhetischen", in: G. Schneider (Hrsg.), Ästhetische Erziehung in der Grundschule, Beltz Verlag 1988. 

"Wiedergewinnung einer ästhetischen Lebensform", in Kunstform 100, 1989. 

"Postmoderne. Wiederholung des Verdrängten oder Entfaltung des Unterstroms?", in: G. Eifler, O. Saame, Postmoderne, Anbruch einer neuen Epoche?, Passagen Verlag 1989. 

"Gelebte Wirklichkeit als Selbsterziehung - Ist Leben lehrbar?", in: H.Dauber (Hrsg.), Bildung und Zukunft, Deutscher Studien Verlag 1989. 

"Es ist der Leib, der die Musik macht", in: W. Pütz (Hrsg.), Musik und Körper, Die blaue Eule 1990. 

"Vorstellungen von Gott", in: U. Baatz, Gott näher treten, Herder 1990 9. 

"Aktualität des Musealen", in: U. Liebelt, Museum der Sinne, Sprengel Museum Hannover 1990. 

"Gesten der Freiheit", in: Tanz aktuell 5, 1990. 

"Fragen zu Antworten von Franz Erhard Walther", in: M. Lingner (Hrsg.), Das Haus, in dem ich wohne - die Theorie zum Werkentwurf von F. E. W., Ritter Verlag, Klagenfurt 1990. 

"Facilité -Sérieux", in: J. Leenhardt, R, Piehl (Hrsg.): Aux Jardins des malentendus, Actes Sud 1990. 

ologischer Forschung gehört. Auch wenn es dadurch gelingen sollte, viele der zur Zeit noch im Dunkeln liegenden Aspekte aufzuhellen, wird dies die Faszination kaum mindern, die zwischen April und Juni  - und jedes Jahr auf's Neue  -  von den gesanglichen Inszenierungen der Berliner Nachtigallen ausgeht.