Tilman Küntzel

Kalifornien Report | DAAD-Stipendium 1993

DAAD-Stipendium Tilman Küntzel
Hochschule für Bildende Künste Hamburg / University of California (AlIen Kaprow)
17. Juni – 17. September 1993 Kalifornien, USA

Ein Bericht

Ich habe meinen Bericht chronologisch nach den Etappen meiner Reise angelegt. So wird  in fortlaufender Reihenfolge über die Eindrücke der Reisen innerhalb Kaliforniens berichtet, (TeiL 1), sowie über die Arbeitsbesuche bei Klangkünstlern und Musikern (Teil 2 )
Die Texte werden untermauert durch die 90 Min. Audiokassette mit insg, 20 Klangbeispielen und gesammelten Materialien, die im Anhang wiedergegeben sind.

Das Stipendium und dessen Verlauf wären in dieser Form nicht möglich gewesen ohne die freundliche Unterstützung von:
Stephan von Huene,
Rolf Julius,
Allen Kaprow,
Paul Panhuysen
und Rene van Peer.

Teil 1

Das Land, die Reisen.

San Diego
Bei meiner Ankunft in San Diego am 17, Juni 1993 wurde ich nach insg, 18 Stunden Fahrt von Olaf Westphalen* am Flughafen von San Diego empfangen.
Die ersten Tage der Aklimatisierung, die ich zu Cast in der Graduat- Studentenwohnung O. Westpha1ens auf dem Kampus der Universitat mit ihm und seiner Freundin verbringen konnte, hatte ich dazu genutzt, ein Auto von Privat zum Kauf zu suche , Dank der tatkräftigen Unterstützung O. Westphalens haben wir nach dem vierten Anlauf ein altes amerikanisches „Familienschiff“ ; einen Pontiac Bonnevill Stationwagen Bj 83 gefunden.

*Olaf Westphalen ist aus Hamburg, wo er Student der Hochschule für Gestaltung, Armgardstr. war. Dort hat er 1986 die Bekanntschaft mit Stephan von Huene gemacht, der dort als Gastdozent tätig war. Später arbeitete O. Westphalen als privater Mitarbeiter für von Huene. 1990 kam er als Stipendiat an die University of California, San Diego. Hier studierte er bei Allen Kaprow, auf den er durch Stephan von Huene aufmerksam geworden war. Nach einer Verlängerung des Stipendiums wurde er 1992 Assistent von Allan Kaprow und unterrichtete als Graduat-Student. (Ein reguläres Studium umfasst vier Jahre under-Gradduat Studium an einer Universität und 2 bis 3 Jahre Cradduent Student an einer spezifizierten Hochschule. Das Cradduat-Studium beinhaltet die Assistenz bei Professoren und die Lehrtätigkeit für Under-Gradduat Studenten. Das Studium wird mit dem „MFA“ (Master of Art) abgeschlossen. O. Wesphalen kann nach seinem MFA-Abschluß seine Lehrtätigkeit als Lehrbeauftragter an der University of California fortsetzen.

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Pontiac Sonnevill Stationwagen Bj.1983

ln der University of California bin ich mit dem Direktor des Visual Art Department Joeme Rothenburg zusammengetroffen. Er ist Poet, PubIizist, Kurt Schwitters Interpret und Performancekünstler. Als Offerte an die amerikanische Kultur habe ich am Tag meiner Ankunft mit Freunden O. Westphalens den derzeit aktuellen Hollywoodfilm Jurassic Park gesehen*.

*Jurassic Park Der Streifen fasziniert durch die erstklassige und wissenschaftlich fundierte Darstellung diverser Arten Dinosaurier. Teils durch Modelle annimiert, teils conputeranimiert werden die Dinosaurier in ihren, dem Stand der Wissenschaft nach, tatsachlichen Charakteristiken dargestellt, und in einer Hollywood typischen Rahmenhandlung erläutert, Damit vertieft Hollywoods Erfolgsregiseur Steven Spielberg die Dinosaurieaeuphorie, die seit Jahren die amerikanischen Gemüter zu tiefst fesseln. Zeugnisse davon findet man in sämtlichen TV Kanälen, naturkundlichen Museen, Werbetafeln, Spielzeuggeschäften und den Nachrichten-aus-aller-Welt Seiten der Tagespresse. Ich interpretiere die Jurazeit-Euphorie der AmerikanischenBürger aller Altersgruppen als ein interessantes Phänomen von Kompensation der eigenen Geschichtslosigkeit. Denn an die Geschichte des Landes, mit der Vertreibung, bzw. Ausrottung der indianischen Urbevölkerung und deren Kultur wird sich nicht gerne erinnert. Das Laster, das der weiße Amerikaner mit den schwarzafrikanischen Landsleuten als Resultat der Sklavenhaltung zu tragen hat, scheint als ausreichendes Strafmaß empfunden zu werden . Also ist man auf der Suche nach Geschichte auf die Dinosaurier gestoßen, die die Erdmassen des heutigen Nordamerikanischen Kontinents bevölkerten assoziiert die amerikanische Mentalität schon in Cowboymanier mit dem gefährlichsten der Saurien, dem Tyrannosaurus.

Das Museum of Contempoary Art San Diego in La JolLa ist sehr angenehm, modern und zeigt großzügig präsefrtierte Skulpturen und großformatige Bilder zeitgenössischer Künstler. In einer künstlerisch inszenierten Videothek (als ständige Einrichtung) kann man über Telephon Künstlervideos a `la Card bestellen.

Malibu
Am 23. 6. habe ich meine Erkundungsreise durch das fremde Land begonnen. Noch etwas unsicher in der neuen alten Limousine führte mich die erste Fahrt nach Malibu, nördlich von Los Ange1es gelegen.
Malibu ist der Wohnort der Multireichen: Filmstars , Ärzte und Geschäftsleute wohnen in dem mehr als 50 Meilen an der Küste langgezogenen Gebiet in Villen, Schlößchen und Appartement-Dörfern in den Hills und an der Küste. Ich besuchte dort für ein paar Tage eine alte Bekannte: Melanie Berlinar, mit der ich l973 bis 1976 in dem selben Internat eingeschult war. Sie war nach der Schule als Opairmädchen nach Santa Barbera gekommen und anschliessend in Kalifornien geblieben. Sie hatte geheiratet, einen Sohn bekommen und ist nun in Malibu und Beverly Hills ins Maklergeschäft eingestiegen.
Zusammen haben wir mehrfach Zeit mit dem deutschen Dekorationsmaler und Innenausstatter Rainer Maria Latzke* verbracht.

* R.M. Latzke war seinerzeit in die offenen Klassen von Joseph Beuys an der Düsseldorfer Kunstakademie geraten. Jeglichen Glaubens an künstlerische und insb. handwerkliche Qua1itäten beraubt baute sich der fantasiereiche Kunstmaler mit seiner Frau eine Marktlücke aus . Er bemalt, dekoriert und gestaltet die Swimmingpools pompöser Villen reicher Leute in ganz Europa mit Konglomoraten aus venezianischen, griechischen und barocken Kulturen.

Pismo-Beach
Der Weg Richtung Norden führte mich dann am 24. 6. weiter die Küstenautobahn No. 1 entlang durch Santa Sarbara nach Pismo-Beach. Ein Badeort mit Strandtourismus, einem riesigen breiten Strand, einer riesigen Male, die ca. 1 km ins Meer reicht und alle Vergnügungslokalitäten, die ein Badeort erwarten lässt. Hier habe ich zum ersten Mal den Küstennebell* gesehen, der sich wie eine Lavine aus Watte an Land zu wälzen scheint, jedoch meist nach einer Meile schon durch die heisse Sonne verdunstet.

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Küstennebel

* Küstennebel, der sich wie eine Lawine aus Watte an Land zu wälzen scheint, jedoch meist nach einer Mei1e schon durch die heiße Sonne verdunstet. Dadurch kommt der Strandurlauber an der kalifornischen Küste oft in pekäre Situation. : Möchte man einen heißen Sonnentag am Strand verbringen, der immer einen erfrischenden Seewind erwarten 1äßt, findet man sich bei „Fog“ (Küstennebel ) in ca. 10 l5 Grad kühlen Temperaturen wieder. Gerade in den heißen Sommermonaten muß ständig mit Küstennebel gerechnet werden. Das kommt daher, da die große Hitze in den Tälern und Wüstenlandstrichen im Inland Kaliforniens ein Vakuum bildet, daß die wesentlich kühlere Meeresluft ansaugt. Anstatt daß das verdunstende Meereswasser nach oben steigt und unter zunehmenden Luftdruck Wolken bildet, wird es ins lnland getrieben. Dadurch wird der stets wehende Küstenwind verursacht. Dieser ist meist so voll von verdunstetem Meereswasser, daß sich Nebel bzw. Wolken bilden, die jedoch nach ein paar Meilen im Inland von der Sonne verbrannt werden und verschwinden.

Big Sur
(26. 6. ) Weiter Richtung San Francisco, die Highway 1, entlang der Küste gefahren. Die bergige Küstenstrasse ist eine der Sehenswürdigkeiten Kaliforniens, vorbei an der Henry Miller Gedenkstädte in der Region Big Sur, durch Klippen, Fe1sen und Waldgebiete. Leider herrschte Küstennebel, sodaß ich zwar oft gute Sicht über die Wolken hatte, jedoch nichts von der Küste sehen konnte.

San Francisco
Der erste Eindruck von San Francisco prägte sich durch die extrem klare Luft, grelle Sonne, frischen Wind, was alles zu einer äußerst klaren Sicht führt und die Farben leuchten lässt.
Gegen späten Nachmittag in der Wohnung eingetroffen, wo sich meine Kommilitonin aus Hamburg und Mitbewerberin für das Kalifornien – Stipendium Claudia Rheinhard eingenistet hat, Sie ist Fotografin und interessiert an den Subkulturen der Metropolenstädte.Sie lebt in einer Wohngemeinschaft mit vornehmlich lesbischen Frauen und wird seit ihrem Aufenthalt von einer anglo-amerikanischen jungen Frau begleitet, die in San Francisco geboren ist und über beste Ortskenntnisse verfügt. Am 27.6 findet die Lesbien/Guy-Parade* statt . Es ist das Ereigniss des Jahres für die Stadt, da sich hier in den Ietzten 10/15 Jahren eine Hochburg der Lesbischen Frauen und schwulen Männer entwicket hat. Unter den Paradeteilnehmern befanden sich Politike, Militars und Polizisten, neben Rockergruppen, Hundeha1tern und diversen Schwulen/Lesben Vereinigungen. Aids war das meistbehandeltste Thema.
Yosemite Nationalpark

(28. 6.) Richtung Osten aufgebrochen den Yosemite Nationalpark aufzusuchen. Einer der ersten Nationalparks von Ka1ifornien. Yosemite heißt in indianischer Sprache Grizzlybär. Eine wunderschöne Berglandschaft mit gigantischen GranitfeIsen, Wäldern, wiesenbewachsenen Tälern, Wasserfällen, Bergseen und schneebedeckten Gebieten und Berggipfeln.

Bishop
(1. 7.) Richtung Osten durch den Nationalpark auf die Highway 395 gefahren. Die Straße gleicht stellenweise einer Wüstenpiste (asphaltiert) und zieht sich von Oregon bis nach Los Angeles. Bin ca. 500 Meilen von Norden nach Süden durch das Owens Tal bis nach Los Angeles gefahren. Aus den Bergen im Tal angelangt war es ca. 38 Grad heiß. Die erste größere Ortschaft ist Bishop. Umgeben von schneebedeckten Bergketten liegt Bishop wie in einem staubigen Kesse. Ein Country- Städtchen in der Wüste, Man spürt die konservative Stimmung der Farmer und Cowboys, die regelmäßig Rodeo- Veranstaltungen besuchen, Cowboyhüte tragen und in den gut kIimatisierten typisch amerikanischen Theken-Restaurant anzutreffen sind. In den Läden findet man Halfter, Steigbügel, Cowboyhüte und div. Reiterbekleidung und -bedarf, sowie Waffen im Westernstil bis zu modernen automatischen Handfeuerwaffen, Vorderladergewehre, Jagdgewehre, sowie MPs. Die 450 Meilen nach Los Angeles ziehen sich durch karges Land. Rechts immer die Gebirgskette, fährt man vorbei an Seen und Joshua Trees.

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Auslage in Bishop

Los  Angeles
Nachts bei Mike Cram in Pasadena angekommen. Mike Cram ist Maler und Assistent für Videoarbeiten des Südkalifornischen Künstlers Paul McKarthy, der auch Professor an der Kunsthochschule UCLA ist. Pasadena ist eine eigene Stadt, aber mit L.A. verwachsen wie ca. ein Dutzend andere Gemeinden. Dadurch scheint das County Los AngeIes eine Fächenmäsig grenzenlose Stadt zu sein, durch die man sich auf den Highways fortbewegt, die die Stadt wie Blutadern durchziehen.

Mike Cram – Poem

lm MOCA (-Museum für Contemproary Art) die Prasentationen von dem Amerikanischen Künslter Robert Erwin und dem Deutschen Joseph Beuys gesehen. Robert Erwin arbeitet intensiv mit Raum und Licht in Form von Objekten und Installationen. Von Beuys waren Zeichnungen und Videos zu sehen.

In einer Gallerie Bilder der 100% amerikanischen Künstlerin Oliva gesehen. Meist kitschige Frauensoftpornos in Airbrushtechnik, aber sehr populär in der Galerienszene.

Am 4. Juli US-Nationalfeiertag. Mit Mike Cram im Haus der Familie Paul McKarthy Barbecue gehabt. Recht raue Familie, aber super nett und Iocker. Haben recht wenig vom traditionellem Feuerwerk gesehen, da es sehr diesig war (Smok).

Paul McKarthy – Statement about the art szene

Santa   Barbera
Wieder aufgebrochen Richtung Norden entlang der Küstenstraße. In Santa Barbara gehalten. Eine der europäischsten Städte. Man fühlt sich wie in Süd-Frankreich. Teure Läden, pompöse Main-Street mit grossen dicken Palmen und vielen jungen Leuten. Viel Strand-boy- hippys.

San Francisco
(6. 7.) Leider hat das Auto in der Nacht nach der langen Fahrt im Motorraum zu schmoren begonnen und ware fast total ausgebrannt. Jemand hat warscheinlich rechtzeitig die Feuerwehr gerufen, die die Motorhaube aufgebrochen und das Seitenfenster eingeschlagen haben. Motor: Totalschaden. Am nächsten Morgen zum Schrottplatz abschleppen lassen.

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Der Neue: Ford Pinto Bj. ’71

Teil 2

Die Arbeit

Hollywood, L.A.
(10. 7.) In Los Angeles einen Ford Pinto Bj 1971 gekauft und zwischenzeitliche Gefährt in Zahlung gegeben. Nachmittags zu der Drehbuchautorin Anneke Lukas nach Hollywood umgezogen. Sie ist Absolventin des American Film Institut in Hollywood, wo sie im Bereich Drehbuch studiert hat. Sie ist bei einer Filmgesellschaft beschäftigt und hat in Heimarbeit täglich Drehbücher zu lesen und danach Berichte und Analysen zusammenzufassen. Sie arbeitet zusammen mit der Filmemacherin Nora Maccobi die, 25 jährig, noch an dieser Filmschule ist, dort jedoch schon mit ihren drei „Studien-“ Filmen sämtlich möglichen Preise und Anerkennungen gewonnen hat. Mit dem Dozenten für Videokunst an der Hochschule für Bildende Künste organisiere ich eine Show ihrer Filme an der Kunsthochschule Hamburg.

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Anneke Lucas

Bin zu der Ausstellungseröffnung in der Jan  Turner, Turner/Krull Galerie gefahren. Vorher die Ausstellung in der Gallerie Regen Projekts „Visual Candy“ von Damien Hirst angeschaut. Damien Hirst ist ein junger Engländer, der gerne mit Fleisch und Blut umgeht. Er hatte zwei abgezogene und eingelegte  Schafe und Minihaie installiert und einen abgezogenen und blutenden Ochsenkopf (nachgebildet aus Kautschuk (o.a. ) mit Theaterblut)  ausgestel1t, sowie Farbpunkte-Bilder.

In der AusstelLung Action/Performances and the Photograph in der Turner/Krull Gallerie – waren Fotos von und über mehr als 30  Künstlern ausgestellt. U.a, Franz Erhard Walter, Paul McKarthy, J, + A. Blume, Y. Klein, M. Duchamp u.v.a.
Anschliëßend in die Christopter Grimes  Gallery zu der Ausstellung Mr. Serling‘ s Neighborhood gefahren wo auch Paul McKarthy beteiligt war. Auch eine Gruppenausstel1ung, an der 23 Künstler mitwirken. Lustige Arbeiten mit Video, kinetische Apparate, und ungewöhnliche lnstallationen. Teilweise sehr amerikanisch.
(12. 7.) Ein Besuch bei CalArts (California Institut of the Arts ). Die berühmte Kunsthochschule, die u. a. von Allen Kaprow in den 60ern gegründet wurde unter dem Zusammenschluß des LA Coservatorium for Music und dem Chouinard Art Institut: Ein riesiger Campus mit großzügigen Fluren und Werkstätten. Hier sind SchooI of Art, SchooI of Music, School of Film/Video, School of Theatre und School of Dance unter einem Dach. Es wirkt etwas chaotisch aber sehr produktiv. CalArts ist sehr reich, da die Walt  Disney Company diese Schule stark fördert. Demnach ist der Animation-Filmbereich sehr gut ausgestattet. Die Arbeiten sind aber nicht experimentell. Bin in die Bibliothek geschlendert und habe im Computer unter Sound eine  Mänge Material gefunden. Habe begonnen mir systhematisch alle Titel der Publikationen, auch Audio- und Videobänder ausdrucken zu  lassen. Eine nette Sekretärin hat mir ein Treffen mit Lane ReIyea angeraten, der im letzen Semester zwei Sound-Art Klassen  geIeitet hat.

Aus einer Kassettenproduktion der Sound-Art Klasse von Lane Relyea – Studentenbeitrag

San Diego
(14.7.) Habe einen Besuch aus Deutschland vom L.A. – Flughafen abgeholt, um direkt für zwei Wochen nach San Diego aufzubrechen.

In San Diego existiert eigentlich der einzige kalifornische Badestrand, da das Wasser nördlich von Los Angeles zu kalt ist. Im Gegensatz zum Mittelmeer oder der Nordsee strömt das Wasser direkt von Alaska die kanadische- und westamerikanische Küste herunter und ist erst im Süden etwas aufgewärmt. In Los Angeles ist der Strand meist nicht sehr attraktiv und das Wasser nur im Norden sauber. Santa Monika und bieten den einzigen Badestrand.

In La Jolla, dem schicken Stadtteil von San Diego an der La Jollabucht ein Arbeitstreffen mit Mark Quint von Quint/Kirchman Projekts gehabt. Mark Quint, ein braungebrannter dynamischer La Jollaner betreibt vornehmlich die kleinen Galerieräume in La Jolla mit einem ungewöhnlichem, offenen und experimentellen Programm. Sie verfügen über weitere Räumlichkeiten: Performance Gallery , Sein Partner Kirchmann organisiert z. Z. ein groß gewordenes Performance Festival: In Site 94, das in diesem Jahr über ein vielfach höheres Budget verfügt als noch im letzen Jahr. Wir hatben über gemeinsame Kontakte in Lodz , Polen gesprochen (Construction in Prozess ) und haben schließlich Material über meine Arbeit angeschaut. Später hat er mich, seine Freundin, Olaf Westphalen, Maija Julus, die Tochter von Rolf Julius und seine Mitarbeiterin zum Dinner in ein italienisches Restaurant eingeladen.
Am 27. 7. Treffen mit Allen Kaprow in seinem Atelier in der California University. Ein sehr gutes Treffen! Wir haben in den 1 1/2 Stunden gemerkt, daß wir viele gleiche Einsteilungen dem Leben und der Arbeit gegenüber und dem Selbstverständnis in der Kunst haben. Wir wollen uns nochmal am Ende meiner Reise treffen.

Los  Angeles
(28. 7. ) Meinen Besuch zurück zum Flugzeug gebracht und- für zwei Wochen bei Anneke Lucas zum Wohnen auf Mietbasis eingezogen.
Ein Treffen mit Gwen Darien von LACE (Los Angeles Contemporary Enviroments) gehabt. Eine alternativ anmutende Kulturfabrik in einer „rotten“ Gegend in Down-Town Industriestreet, mit Buchladen, Theatherbühne Gallery und Video-Presentationsraum. Dies ist in L.A. der beste Ort in Sachen „Non-Profit“ Kunst. Gwen Darien kommt aus New York und hat dort in der PA 1 – Gallerie (organisiert über DAAD (nur Berliner Deutsche Künstler) ) gearbeitet und dort Rolf Julius kennengelernt. Sie ist eine hochkarätige Kunstvermittlerin. Wir waren in der Nachbarschaft japanisch essen, Habe zum ersten Mal Sushi gegessen . Sie schien sehr unruhig und hat eher nervös meine Arbeiten erduIdet.
Ganz anders dagegen das Treffen mit Maynda Wyatt von der Turner/KruIl Gallerie. In super-seriöser Atmosphäre haben wir an Ihrem Schreibtisch meine ganze Mappe durchgeblättert. Sie war an jeder Arbeit sehr interessiert und hat bis zum Schluss grosse Aufmerksamkeit bewahrt. Wir wollen in Kontakt bleiben und ich soll Dias von den neuen Arbeiten schicken. Sie arbeiten an einer Klang-Kunst Ausstellung.

Ein ebenso nettes langes „Arbeitstreffen“ mit Paul McCarthy in seinem Haus. Hat mir viel über sein Radioprogramm, das er 1974 bis 1977 in L.A. gemacht hat, erzählt. Eine Art „offenen Kanal“ für Künstler. Das Bandmaterial wurde kürzlich von einem Sammler dreifach auf DAT kopiert. Eine Copie für den SammIer, eine geht an ein Museum und eine für Paul Mc Carthy. Haben meine Materialien durchgeschaut. Hat Ihm gut gefallen und er hat mir gleich assoziativ weitere Kontakte nahegelegt. Instb. den Kunststudenten Martin Kesel.

Abends ein Treffen mit dem Komponisten Carl Stone gehabt. Ein super-netter, lockerer Mensch, in L.A. geboren. Er ist seit 17 Jahren bei dem ehemals avantgardistischen Radiosender, über den Paul Mc Carthy seine Sendung produziert hat. Einige Jahre war er der Direktor des Senders. Jetzt macht er einmal die Woche eine Sendung zeitgenössischer Musik. Seine eigene Musik ist digital produziert und das sympatischste, was ich je von zeitgenössischer Musik gehört habe. Er spricht japanisch, arbeitet viel mit japanischem Tanztheater zusammen. So sind die Stücke seiner CD meist für Theaterinszenierungen konzipiert. Wir sind zusammen losgefahren in ein super altes L.A. Restaurant und haben Sandwiches gegessen.

Carl Stone von der CD Mom’s aus dem Stück Banteay Srey

Am nächsten Tag zum Video Amex nach Long Beach gefahren. Es ist d‘ s LBMA Video, Media Arts Center des Long Beach Museums  of Art. Da mich Paul McCarthy telephonisch angemeldet hatte, war ich gut aufgehoben. Habe mir den ganzen Tag Videoproduktionen von Video Anex und andere Videoarbeiten angeschaut. U.a. von Paper Tiger,Cindy Shermann, Infermental, Paul McCarthy, Nam Jun Paik, Lauri Anderson, Bruce Haumann, Allan Kaprow, Ingo Günther

Im Gasteraum von dem Video Amex Gebäude waren gerade Gäste aus Hamburg einquartiert: mein alter Bekannter und Aktivist von Van Gogh TV, Media Art Lab Hamburg und Plaza Virtuale (Documenta 1993) Karell Dudek. Sie waren für die Medienmesse bei Disyland hergekommen. Ferner angetroffen habe ich dort die ehemalige Leiterin von Video Anex Rathy Huffman, die jetzt in Australien tätig ist. Sie war in Begleitung der diesjährigen Leiterin der Ars Elektronioa in Linz und der jetzigen Curators des Long Seach Studios Carole Ann  Klonarides, mit der ich ein Gespräch führen konnte.

Einige Tage habe ich in der Bücherei von Cal-Arts verbracht. Aus dem Videoarchiv habe ich die Videos : A tribute to Nam June Paik ’84 (Soundaufnahme) und Allan‘ n Allen’s complainit von 1984 gesehen. In der Schallplatteizabteilung habe ich aus vielen Platten Stücke von Henry Cowell selektiert und mit Walkman mitgeschnitten. Ferner Conron Nancarrow und diverse Sound-Art –Klänge.

aus „A tribute to Nam June Paik“

Auf den Spuren des Sound-Art Dozenten von CalArts Lane Relyea habe ich die Bekanntschaft mit einem Freund von L.Relyea Abe Oakie gemacht. Er spielt Baßgitarre in der Band mit Lane Relyea Wir haben uns in einem Rockkaffee verabredet, um tiefste L.A. -Rock & Roll-Bands zu hören.

Lane Relyea, Abel Oakie Band

Durch Freikarten einer Freundin meiner Mitbewohnerin hatte ich das Vergnügen auf 47 Dollar-Plätzen einem Jazz Konzert zu Ehren von Art Black mit Top-Act Nancy Wilson im Hollyood Bowl zu lauschen. Ein Amphietheater vom Feinsten: mit Picknicktischen und Kojen, Restaurant und Beleuchtung a la HolLywood.

Ein Treffen mit Martin KerseI. Ein untersetzter 2 Meter Mann, der vorher mit zwei Freunden gleichen Umfangs und zwei zierlichen Frauen die Performancegruppe „De Shrips“ gebildet hatte, die sehr erfolgreich war. Jetzt baut er außergewöhnliche Objekte und Klanginstallationen, die performancehaft aufgeführt werden. Wir waren in seinem Studio und haben  seine Arbeiten und meine Mappe durchgesehen.

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Martin Kessel

Dort die Bekanntschaft mit Adrea Lewis gemacht, Eine junge Künstlerin, die mir einen Koffer aus ihrer 100 Koffer- Installation geschenkt hat.

Bei einem Barbecue vor Mc Carthys Ausstellungseröffnung bei dem Künstler Huin Pocock, die Bekanntschaft mit dem Saarbrücker Roger Hermann gemacht, der Lehrer für Malerei an UCLA Kunsthochschule ist. Er war vor 12 Jahren mit DAAD nach San Francisco gekommen und ist nach Verlängerung geblieben.

Paul Mc Carth hat als Curator für die Rosamund Felsen Galerie die Ausstellung Go Down Stairs Diagonally eingerichtet. Auf der Vernissage die Bekanntschaft mit der LACE Jurimitglied Linda Nishio gemacht. Und dem Performancekünstler Skip Arnold, der evtl. in Lüneburg vorbeikommen möchte.

Anschließend mit Carl Stone und seinem Besuch Phill Nieblock zu LACE gefahren, um eine japanische Tanzgruppe zu sehen, die durch Vermittlung Carl Stones in Los Angeles auftreten. Anschließend die Bekanntschaft mit einem Mitglied der Gruppe Alan H. Nakaga W gemacht. Phill NiebIock ist Direktor von „expetimental Intermedia“ in New York, hat mehr als 800 Konzerte organisiert und gerade ein Artist in Residenz-Haus in Belgien gegründet. Er ist bekannt mit Adam Klimczak aus Lodz (Pl) von der Wschodnia Galerie und dem Artist Museum, Paul Panhuysen u.a.

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Phill Nieblock und Carl Stone @ L.A. Hot Dog

San Francisco
Seit dem 15.8.93 wohne ich für 14 Tage bei Judith Blankman und Sam, einem grossen, lauten sehr amerikanischem und netten Versicherungskaufmann aus Mitte-West Amerika. Sie wohnen in einem Reihenhaus in Mission, einem Stadtteil, der vornehmlich von Mexikanern bevölkert ist. J. Blankman war 1992 als „Artist in Residents“ in De Fabrik in Eindhofen (NL) . Sie hat traditionelle Skulptur gelernt und lehrt dieses an einer privaten Kunstschule in San Francisco. In ihrer heutige Arbeit baut sie kinetische Holzobjekte, die vom Betrachter zu benutzen sind und Geräusche erzeugen. Mit ihren Objekten führt sie Performances und Konzerte durch.

Im Golden Gate Park habe ich den wunderschönen Gartenpavillion besucht und anschließend in das Museum der Academy of Syence. In verschiedenen Abteilungen sind TnstaLlationen zu Menschën und Tieren der Me1t zu sehen, In riesigen Salen sind Fenster mit diversen präparierten Tieren aus Afrika eingerichtet. Neben jedem Fenster befinden sich Telephonhörer zur Freien Verwendung, aus denen ein kurzer Kommentar zu den Tieren und ihrer Lebensweise zu hören sind. Eine andere Abteilung zeigt Installationen verschiedensterVölker, dargestellt in der ihnen typischen In Umgebung. In diversen Demonstrationsinstallationen sind z.B. diverse Vogelstimmen zu hören (Leuchtkasten und Parabolantenne). In dem Kosmos Raum, das auch ein Planetarium beherbergt, ist das Faucoultische Pendel* zu beobachten.

Das Faucoultiscbe Penclel
Eine schwere Kugel hängt an einer ca 9 Meter 1angen Stange und schwingt über einem Kreis, dessen Durchmesser die Spannweite der Pendetbewegung ausmacht. Auf den rteis sind ca 5 cm lange Metallstangen gestellt . Die Spitze des Pendels wirft alle 20 Minuten eins nach dem anderen um. Der Pendel pendelt immer in die gleiche Richtung. Die Drehbewegung der Erde um die eigene Achse verursacht die Tatsache, daß sich der Kreis unter dem Pendel dreht.

Im Aquatium kann man Delphine, Haie und andere Großfische beobachten, sowie diverse exotische Arten von allen Lebewesen der Meere, sowie Reptilien. Ein Tower ist durch einen breiten kreisförmigen Aufgang von innen zu besichtigen. Oben angelangt befindet man sich in einem abgedunkelten, runden Raum, dessen Wände die des Fischbeckens sind. In dem , Becken befinden sich diverse Arten von Grossfischen und Fischschwärme kleiner Fische. Al1e schwimmen unaufhörlich in einer Richtung im Kreise herum. Wenige in die andere Richtung.
Am Abend habe ich ein Konzert der San Francisco Szene-Band Brown Fellinies besucht, Sie spielen regelmässig Woche jede im stadtbekannten Kannel-Club. Die Konzerte sind stets sehr gut besucht. Man sitzt und trinkt und unterhält sich. Das Trio ist in San Francisco sehr gefragt.

Brown Fellinies „Chocolate Surrealism“

In dem arabischen Imbiss Truly Mediteriant habe ich hervorragende arabische Tacos (Tacos = Mexikanische Teigrollen, gefüllt mit F1eisch, Käse, Gemüse nach Wahl) gegessen und bin mit dem Besitzer ins Gespräch gekommen. Er sagte, dass sein Bruder einer der Attentäte des Anschlags auf die Berliner Diskotekt war, der Gadaffials Auftraggeber angelastet wird.

Berkeley
(19. 8. 93) Ein Trip nach Berkeley über die Bay-Bridge, Eine ganz andere Stimmung in der Stadt. Es wird viel Fahrrad gefahren, da es nicht so viele Hügel gibt. Es ist sonniger, da der Fog meist nicht so weit kommt. In Berckley befindet sich eine riesige Universität. Ich habe den, in einer ruhigen Strasse wohnhaften Ron Heglin besucht. Ein Musiker (Posaune und der Didgeridoo), der mit Tom Nunn, Doug Carroll und Tim Perkins seit vier Jahren das Improvisationsensemble Rotodoti bildet. Er arbeitet als Musiktherapeut und lebt mit einer Bildenden Künsterin zusammen.

Aus der CD Tarran Speaks „Bambis Dilemma“

San Francisco
Abends zu einer Ausstellung des CAP-Street-Projekts gefahren. Der Künstler Fred Wilson hat in dem Museumshaus Haas-Lillienthal House in der Franklin Street die Installation A view into a world of a 120 old man. Abends den, in San Francisco sehr erfolgreichen Outsiderfilm American Heart im Szenekino Roxie gesehen.

American Heart (Jeff Bridge) der in Seatle und San Francisco spielt und im harten Milieu der sozialen Randgruppen statttfindet. Die Geschichte von einem Ex Knackie, der einen Neuanfang versucht. Sein 14 jähriger Sohn, ausgerissen von dem Zuhause aus dem Lande folgt ihm gegen den Willen seines Vaters. Beide werden Opfer ihrer Sozialisation in der Großstadt und träumen von Kanada.

Im Candlestick Park, eine Bay-Seezunge habe ich die Dauer- Klanginstallation der Künstlet Bill + Mary Buchender (Artist in Residence 1981) angeschaut.

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Bill + Mary Buchender

Bill + Mary Buchenders Dauerinstallation im Candlestick Park (Artist in Residence 1981). Die Klanginstallation: verschiedengroße Metallplatten sind wie Trommeln installiert und laden auch gleich zum Trommeln ein. Ein Sitz soll rechts und links mit herunterhängenden Armen betrommelt werden. Ein parabolförmiges Blech verstärkt die Stimme, etc.

An der nach Süden gerichteten Bayküste San Franciscos, vis- a-vi der Golden Gate Brücke und der lnsel Alkatraz ist eine andere Klanginstallation als ständige Einrichtung installiert. Die Water Orgen (Wasserorgel ) von Peter Richards 1985, der Kurator des Küntlerprogramms des Wiesenschaftsmuseums Exploratoriums ist. Sie liegt an der Spitze der kleinen Seezunge The Marina, die die Einfahrt zu dem kleinen Fischerhafen Fishermans Warf bildet. Die aus Steinen gepflasterte, am Wasser gelegene, weitläufige Terasse lädt zum Verwei1en ein (siehe Foto). Aus den Wänden ragen Hörrohre, aus denen man den Sound der Orgelpfeifen wahrnehmen kann. Die Pfeifen ragen unter die Wasseroberfläche. Durch die Luftverdrängung der von Wellen bewegten Wasseroberfläche entstehen die Töne.

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Water Orgen von Peter Richards

Am 21. 8. habe ich den Komponist, Musiker und experimentellen Instrumentebauer Tom Nunn besucht. Ich traf ihn in seiner Garage unter seinem Haus im Mission-Viertel, die sein Ate1ier ist. Er baut dort experimentel1e Musikinstrumente und macht Ausstellungen mit seinen Objekten. Er ist Musiker und ursprünglich Komponist. Heute baut und spielt er die „electroacoustic percussio boards“ (EPBs) und „space plates„*.

aus der Kassette: Solo Improvisation Tom Nun „Plate Techphonics“ 1991 das Stück „Metallic Regions“

Auf Holzplatten sind verschiedenste Metalle befestigt, wie Klangstäbe, Marimbas und mit dem Bogen zu spielende Klangstäbe. Er verkauft seine Instrumente an div, Musiker und Privatpersonen. ( Z.B. Tom Waits, der aus San Francisco stammt und dem Freundeskreis der Musiker angehört). Tom Nunn beherrscht seine Instrurnente perfekt und ist ein sehr guter Musiker. Sein Interesse gilt der Improvisation. Als Solomusiker produziert er Kassetten. In seiner Musik improvisiert er mit diversen Geräuschen und baut bedrohiche Klangberge und seichte Täler. Zusammen mit Ron Reglin und Doug Carroll bildet er seit vier Jahren das Improvisations-Ensemble Rotodoti. Doug Carroll ist ein hervorragender Cellist und spie1t ein EIektrocello. Auch er produziert Solo Publikationen.

aus der Kassette: „The well deconstructed electric Cello“ das Stück „Communique“

Ich durfte einer Probe beiwohnen, bei denen Doug CarroIt Titel wie „Dinosaurier“ und „What we never played before“ vorschlug. Ich habe se1ten ein so gut eingespie1tes Ensemble mit derartigem Klangreichtum und sensibelster Abstimmung und hervorragend plazierten, fantasievollen Einzelaktionen gehört. Anschließend haben wir als Vierer ausgiebig Tischtennis in dem Garagenatelier gespielt.

Am Abend war ich mit meinen Mitbewohnern auf einer Geburtstagsparty von drei jungen Künstlern. Zwei von ihnen spielten in einer erfolgreichen Band Sol, die unter einem Frankfurter Label Platten produziert. Wo ich auch hrinkomme, treffe ich auf hochkarätige Musiker. Wie mir versichert wurde, sei das eine San Francisco spezifische Qualität.

„Easy Living“ von „Sol“

Zum Dinner bei Paul DeMarinis
Paul DeMarinis baut elektronische Klangobjekte, Installationen und entwickele eigene Computerprogramme für seine Installationen und Objekte. Er ist mit phonographischen und elektronischen Apparaten groß geworden und ein Genialist auf diesem Gebiet. Er zeigte mir spielerische kleine Objekte, die er vor 20 Jahren gebaut und deren elektronische Mechanismen er entwickelt hatte und die jetzt zeitgemässer denn je sind. Bekannt wurde er durch eine elektronische Gitarre, die anstatt Saiten mit Fingerkontakten ausgestattet ist, denen durch einen Sampler Klänge zugeordnet sind (Digital gespeicherte Klänge werden durch Kontaktschalter abgerufen). Ursprünglich war er Kameramann. Jetzt unterrichtet er, ist Autor für computertechnische Magazine und arbeitet als Programmierer.

aus der CD „Music as a Second Language“ das Stück „Fonetica Francese“

Paul De Marinis besitzt ein Edisonschen Wachswalzen Apparat und viele alte Walzen und hat einige Objekte mit diesem Equipment realisiert. Dabei bedient es sich der Lasertechnik. Der Laserstrahl liest die Zeilen ab. ln einer Installation geht der Laserstrahl durch ein rundes Goldfischglas, in dem ein Goldfisch lebt. Schwimmt der Sch1eierschwanz durch den für ihn ungefährlichen Laserstrahl unterbricht er die Tonwiedergabe. Ferner hat er eine Technik entwickelt, eine klangaufzeichnende Gravur in den frischen Ton eines zylinderförmigen Kruges zu bringen. Den gebrannten Zylinder plaziert er auf einem alten Plattenspieler, der mit 75 Umdrehungen pro Minute rotiert. Der Betrachter richtet einen kleinen Laserstrahl aus einer Handlaserlampe auf die spiralenförmiq nach unten wandernde Gravur und hält mit der anderen Hand eine Fotodiode an den bestrahlten Punkt. Die Reflektion des Laserstrahls wird durch die Diode in einem Verstärker in Ton umgewandelt und man hört die eingravierte Klangkonserve. Vornehmlich verwendet DeMarinis Sprache als Klangmaterial. Der Betrachter führt den Lichtstrahl aus freier Hand und „skretcht“ dadurch auf der Tonaufzeichnung herum. Ferner arbeitet er an selbstkomponierenden Computerprogrammen, Kompositionsprogrammen die nach der Caosmethode operieren und in Interaktion mit Objekten stehen und an Popular-Kompositionsprogrammen mit Graphischen- und Stapeloberflächen.

Am 25. 8. ein Besuch auf dem Campus der Musikhochschu1e a Mills CoIlage in Oakland bei John Bischoff. John Bischoff ist Klangkünstler und am Mills Collage Coordinator des CCM Studios (CCM = Center for Contemporary Music).
Der Campus ist einer der schönsten den ich je gesehen habe mit alten Gebäuden in einer parkartigen Anlage.
Mills Collage wurde 1885 gegründet- Lehrende waren Lou Harris , Dave Brubeck, Steve Reich, Anthony Braxton, Darius Mihaud und viele andere. Das Center for Contemporary Music38 besteht seit 1991 und beherbergt tontechnische Studios zur experimentellen Klangentwicklung und -komposition. Leiter des CCM waren 1961 bis 1966 Morton Subotnick, Paulina Oliveros, Terry Riley, 1970 bis 1980 Robert Ashley, David Behrman, Blue Gene Tyranny, Terry Riley, bis 1991 David Rosenboom, Larry Poansky und 1992 bis jetzt Chris Brow, Maggi Rayne und John Bischoff. Wir haben die Studios angeschaut, über das Artist in Residence Programm des CCM gesprochen und unsere CDs ausgetauscht.

Davi Behrmann „lnterspies Smaltalk, Part2 (excerpt)“

In John Bischoffs künstlerischer Tätigkeit entwickelt er u. a, experimentelle Musikinstrumente durch und mit dem Computer. Gemeinsam mit Tim Perkins , Chris Brown, Scot Gresham- Lancaster, Ark Trayle und Phil Stone bildet er die Computer Musik Band The HUB, Sie gestalten ihre Hard- und Software selber und sind untereinander vernetzt. Alle Gruppenmitglieder komponieren eigene Stücke für das Ensemble. Zusammen mit Tim Perkins hat er die CD Artitical Horizon -Music for New Software Instruments produziert.

von der CD ‚The HUB“-Computer Network Music die Komposition von John Bischoff „Perry Mason in East Germany“ von 1988.

von der CD „Artificic Horizont“ aus dem Stück „Happy Trails“ von John Bischoff und Tim Percin.

In einem japanischmm Musik-Clup und Restaurant Yosi’s Nitespot in Oakland die Gruppe Transmission gesehen, die in San Francisco zunehmend in den Clubs auftreten. Durch eine exotische Instrumentierung, getragen von einem dominanten Didgeridoos, internationaler Percussion, Winds/Treatments und Klarinette ist die Musik nicht recht einzuordnen, kommt höchstens dem Ethno-Jazz nahe.

Transmission „Bo Didgeley“

Das Exploratorium
Am 26. 8. hatte ich ein Treffen mit dem künst1erischen Leiter des Exploratoriums Peter Richards der auch die Wasserorgel in der Nahe des Exploratoriums , an der Seezunge zurn Fishermans Wharf Hafen, in der San Francisco-Bay, vis-a-vis zu der Golden Gate Brücke und der Insel Atkatraz, verwirklicht hat.
Das Exploratorium ist ein Wissenschaftsmuseum und ausgerichtet auf den Umgang und das Verständnis von Kindern. In verschiedenen Abteilungen werden wissenschaftliche Erkenntnisse an experimentellen Objekten und Raumstallationen pausibel gemacht. Von Künstlern entworfen und in den Werkstätten des Exploratoriums realisiert werden diverse Phänomene der Symetrie, Biologie, Chemie, Physik, des Schalls, der Optik, der Naturgewalten etc. experimentell erfahrbar gemacht. Neben rein wissenschaftlichen Installationen stehen Arbeiten namhafter Künstler, die ebenso spielerisch wissenschaftliche Phänomene (meist der Wahrnehmung) reflektieren. Das alles findet in einer riesigen Halle statt. Da der überwiegende Teil der Besucher Kinder sind und viele lnstal1ationen laut tönen, beherrscht ein riesen akustischer Tumult die Halle; zumal sich die Werkstätten des Exploratoriums ebenfalls hier befindend, und nur durch hüfthohe Trennwände von der Besuchernfläche getrennt sind.

Nicasio
27. 8. 1993 Ein Treffen mit Bart Hopkins in seinem Haus in Nicasio, ca. 45 Min. nördlich von San Francisco. Sein Grundstück grenzt an „Lucas Valley„, das dem Filmproduzente George Lucas gehört.

Lucas Valley. Hier befindet sich die Industrial Light and Magig Filmcompany des Produzenten George Lucas , die über die besten Computeranimations- Studios und das beste Tonstudio der Welt (Bart Hopkin) verfügen. Filme wie Star Wars , Return of the jedes, The lost ark, Howerd the duk und Roger Rabbit sind hier produziert worden.

Bart Nopkins ist Herausgeber der Monatszeitschrift Experimental Musik Instruments -Newsletter for the Design, Construction and Enjoyment of Unusual Sound Sources.
Wir haben einen Nachmittag in dem von ihm selbstgebauten Haus, das er mit seiner Familie bewohnt, verbracht. Er baut selber experimentelle Musikinstrumente und hat solche auch auf seinem Grundstück installiert. Bart Hopkins hat mir viele seiner selbstgebauten Instrumente, meist Blasinstrumente demonstriert. Schließlich haben wir mein Material angeschaut und Tonträger ausgetauscht. Jährlich erscheint eine Audiokassette als Referenzmaterial zu den Ausgaben der Zeitung.

aus Volume VII Bart Hopkins „Multible Corrugahorns“+ aus Voiume VII Bart Hopkin „Membrane Reeds“.

Sebasterpool
Weiter nördlich in Sebasterpool habe ich den Freund und Lehrer von Tom Nunn, Richard Waters besucht.  Richard Waters baut und musiziert auf selbstgebauten, experimentellen Instrumenten. Seine populärste Erfindung ist das Waterphone: An einem Metallbehälter sind verschieden lange dünne Eisenstangen befestigt, Der Behälter ist geschlossen, bis auf ein nach oben ragendes und oben offenes Rohr. Darin ist Wasser eingefüllt. Streicht man die Stäbe mit einem Bogen an und bewegt dabei den Behälter, sodaß sich der Wasserspiegel verändert, entsteht der eigentümliche Klang. AIlein in Hollywood hat Richard Waters bereits um die 100 Waterphones verkauft. Nach seinen Beobachtungen ist in 70% aller spannenden Hollywood-Unterhaltungsfimen der Sound von dem Waterphone eingesetzt. Besteltungen kommen auch aus anderen Kontinenten sowie Europa von Musika1ienhandlungen und Privatpersonen. Ich besuchte ihn in seinem scheunenartigen Atelier auf seinem 2 Hektar großen Grundstück, 50 Min, von San Francisco. Hier hat er sich mit seiner Frau ein turmartiges Haus gebaut und züchtet Bambus, den er in alle Welt verschifft.
Zusammen mit Freunden spielt er auf seinen Instrumenten in dem Petit Mal Ensemble, in dem auch bisweilen Tom Waits mitwirkt.

Petit Mal Ensemble aus der Kassette „Levitation“ das Stück „Jumpstart“

Los Angeles
9.9.1989 Ein Besuch bei dem Klangkünst Tim Quinn. Er baut Skulpturen aus Metall, die stumm sind und pneumatische Apparate. Er führt Performances mit diesen Apparaten durch und macht Videos. Pneumatisch betriebene Pfeifen ist ein Medium, mit dem er in jüngster Zeit bekannt geworden ist. Z . B. durch riesige Dampfkessel wird mit Feuer Wasser erhitzt. Der Dampf entweicht durch riesige Rohre (ehemalige Straßenlaternen), die zu Pfeifen umkonstruiert wurden, und einen mächtigen Ton erzeugen.

Am 11.9.1993 fand für geladenes Publikum die Eröffnungsveranstaltung der großen John Cage-Ausstellung Rolywholyover A Citcus statt. John Cage hatte noch selber das Konzept zu dieser Ausstellung im Museum für Contemporari Art -MOCA in Los Angeles entwickelt.
Durch Carl Stone war ich auf der Gästeliste eingetragen. Carl Stone war bei der Eröffnungsveranstaltung mit der Klanginstallation „Lupinee“ vertreten. Ein Komputerprogramm generiert, nach dem von John Cage entwickeltem Zufallsmechanismus , den Wechsel von Zuständen der KIangebene. Als Klang ist die Stimme von John Cage eingesetzt, die somit generiert, bzw. manipuliert wird. Ferner wurde die Zweistundenkomposition von John Cage „Freeman – Etudes“ Jousos Neqyesy, Violine, aufgeführt.

Live-Aufnahme von der Klanginstallation Lupinee von Carl Stone am 12. Sept. ’93 im Eingangsbereich des MOCA L.A.

In der Biblithek von CalArts habe ich mich tagelang in dem Schallplattenarchiv aufgehalten. Folgende Mitschnitte konnte ich anfertigen:

Henry Cowell
– Persian Set – Four Movements for Chember Orchester
– Tone Cluster Pieces and other piano music performed by the composer
– PreIude for Viola and Harpsichcora, 1955
– Episode
– IDvention
– Six Ings Plus one
– Ancient Desert Drone, 1940
– Exulation, 1919
– Pieces for Piano, 1924
– Seven Paragraphs
– Pulse
– … if He please, 1955
– Music 1957
– Movement for String Ouartett

Harry Partch
– The Sewitched
– A Dance-Satire, 1975
– The Delution of Fury
– A Ritual of Dream and Delusion
– Barstow
– Castor Si Pollux
– Daphne of the Dunes
– The Rose
– The Wind
– The Waterfall

Edgar Varese
– Arcana
– Integrales
– Ionisation
– Ameriques
– Arcana
– Deserts
– Ecuatorial
– Poeme Electronique, 1958

Frank Zappa & London Symphonyorchestra
Sad Jane
– Pedro‘ s Dowry
– Envelopes
– Mo’n Herb’s Vacation

Jamaican Cult Music (1954 )
– Preparation for Baptism Table
– Sunday Night Service
– Revialist Week-Day Service
– Ras Tafari Youth Group

John Cage
– First Constcuction ( in metal), 1937

Musik by Marcel Duchamp S.E.M. Ensemble
– La Mariee mix a nu par ses celibatairs , meme
– Sculpture Musicale, Mesostic by John Cage
– La Mariee nix a nu par ses celibataira , meme
– Sculptur Musicale
– Erratum yusical

Eric Satie
– G mmepedie

Musik der Indianer Nordamerikas folgender Stämme:
(historische Aufnahmen)
Winnebajo
– Zuni
– Asoma
– Oglalu
– Siox
– Taos
– San Ildefonso
– Navajo
– Western Apache
– Yuma
– Papajo
– Walapi
– Havasupi
– Flathead Indians
– Hopi Katiena
– Cee
– Blood
– Blackfoot
– and the Eskimos of the Hudson Bay

Musik of Palestine
Musik of south Arabia
Musik of the South Sahara

Ende des Berichts

Ti1man Küntzel, Lüneburg Dez. 1993