Die Ziege die Hitler den Penis abbiss

Homage an Eugen Wasner für Goethe-Institut + WRO Breslau (Pl) Pop Up Pavillon 2016

Entwurf

Eugen Wasner, Buchhalter von Beruf und Anfang 50, war mit Adolf Hitler zusammen in die Volksschule von Leonding bei Linz gegangen. Im Herbst 1943 diente er als Gefreiter in einer Infanteriekompanie an der Ostfront. Daß er „Adi“ gut kannte, nutzte Wasner weidlich aus – offenbar war er überzeugt, ihm könne so schnell nichts geschehen.
Wenn die Wehrmachtsberichte über den Rundfunk kamen, spielte er den Kritiker Hitlerscher Strategie, begleitet vom Beifall der Kameraden. Sie stachelten den schrulligen, redseligen Wasner immer weiter auf bis eines Tages jemand den Vorschlag machte, dem obersten Kriegs- und Feldherrn doch zu schreiben. Der wisse bestimmt nicht „wie es unten beim einfachen Landser“ aussehe.
Darauf Wasner:  Ach, der Adolf! Der ist ja deppert schon von klein auf, wo ihm doch ein  Ziegenbock den halben Zippedäus abgebissen hat!
Staunen bei den Kameraden, und Wasner fuhr fort:
Jawohl, ich bin doch selbst dabeigewesen. Eine Wette hat er gemacht, der Adi, daß er einem Ziegenbock ins Maul pinkeln würde. Als wir ihn ausgelacht haben, hat er gesagt: Kommt’s mit, wir gehen auf die Wies, da ist ein Ziegenbock.
Wasner will das Tier zwischen seinen Beinen gehalten haben, ein anderer Freund, der Kneisel Bruno, hat dem Ziegenbock mit nem Stock das Maul aufgesperrt, und der Adolf hat dem Bock ins Maul gepinkelt. Dann sei es geschehen:
Grad als er dabei war, hat der Freund den Stock weggezogen, der Bock hat hochgeschnappt und dem Adolf in den Zippedäus gebissen. Geschrien hat der Adi da aber fürchterlich und ist heulend davongelaufen.
Der Kompaniechef, ein offenbar erfahrener Soldat, wollte Wasner zu der Aussage drängen, er habe sich nur „einen dummen Scherz ausgedacht“. Der aber blieb dabei: Was wahr ist, muß wahr bleiben.
Zwei Tage danach saß Wasner in Untersuchungshaft, kurze Zeit danach stand er in Berlin vor dem Zentralgericht des Heeres. Der Zeuge Kneisel war tot, der Zeuge Hitler wurde natürlich weder vernommen noch gar geladen: Todesstrafe, weil sich der Angeklagte „durch üble Äußerungen über den Führer der Heimtücke und der Wehrkraftzersetzung“ schuldig gemacht habe. Bei Jesus und Maria, er hat’s aber doch getan, der Adi, seufzte Wasner, und dann, als er auf den Richtplatz geführt wurde, sagte er weinend seinem Verteidiger Dietrich Wilde: Ein Menschenlebengilt für nix, aber ich hoffe doch im Himmel droben.
Aus: Ein Menschenleben gilt für nix
DER SPIEGEL 43/1987