Drei Räume – Drei Farben
akustische Rauminszenierung für Gut Wienebüttel Lüneburg 2003
„Kunst wird von den Betrachtern ganz unterschiedlich wahrgenommen“ sagt Tilman Küntzel, „das hängt auch von den Räumen ab, in denen sie präsentiert wird“. Um solche Zusammenhänge dreht sich die aktuelle Ausstellung des Lüneburger Künstlers im Kulturforum Gut Wienebüttel. „Ausstellung“ ist vielleicht nicht das richtige Wort, denn statt auszustellen hat Tilman Küntzel ausgeräumt: Die Wände sind weiß, zu sehen gibt es nur ein paar Lautsprecher und unterschiedliche Fußbodenbeläge.
„Drei Räume, drei Farben“ heißt die Präsentation dennoch, gemeint sind Klangfarben. Formal betrachtet hat Tilman Küntzel je einen Raum mit Teppich, Metallplatten und mit einer Kiesschicht ausgelegt. Aus den in Kopfhöhe installierten Lautsprechern, vier pro Zimmer, dringen Klangfetzen: insgesamt 250 gesampelte Sound-Fragmente, den Räumen zugeordnet, abgespielt über CD-Player im Random-Mode – die Reihenfolge ist also zufällig, auch die Richtung, aus der sie kommen. Der Besucher ist daher eher Hörer als Betrachter: Der Kies knirscht unter den Schritten, das Metall hallt, der Teppich knistert. Die eingespielten Klänge passen dazu, vermitteln – je nach dem – das Gefühl von Kühle und Wärme, Enge und Weite. Und immer wieder gibt es lange Pausen. Die Klang-Raum-Wirkung erschließt sich nicht sofort, Zeit und Ruhe sollte der Gast mitbringen.
Mit seinen aktuellen Projekten nähert sich Tilman Küntzel der Komposition, Elementen der Neuen Musik. Dazu gehört bei den Konzerten auch die Integration von Raum und Richtung: Musik (oder Lautsprecher) und Publikum werden nicht mehr gruppiert und einander gegenüber platziert, sondern so, dass im Saal akustische Schwerpunkte und Freiräume entstehen, bei den Zuhörern die Wahrnehmung des Klang-Raumes mit der Musik an sich verschmilzt. Frank Füllekrug, Lüneburger Landeszeitung