Punktierte Lärmkompensation für „Hot Spots“

Lärmkompensation für freistehende Wohnobjekte in unmittelbarer Nähe zur A14. Künstlergut Prösitz 2007

Kunst & Natur an der A14
Künstlergut Prösitz, Mutzschen 2007
unter Trägerschaft des Landschaftspflegeverband Muldenland e.V.
zur handhabbaren Interpretation der künstlerischen Lösungsansätze
zur Argumentation von Umsetzungsplänen

Mit der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm vom 25. Juni 2002 hat die EU Regelungen zur Minderung der Geräuschemissionen getroffen (ULR) (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft vom 18.07.2002).
Die Bundesregierung hat diese Richtlinie mit dem „Gesetz zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und die Bekämpfung von Umgebungslärm“ am 26.6. 2005 mit den neu geschaffenen §§47a-f in das BlmSchG überführt. (BGBI.I S. 1794ff Veröffentlicht im Bundesgesetzblatt am 29.Juni).
Damit wird die Lärmminderung einerseits auf Großflughäfen, Hauptverkehrswege und Ballungsräume reduziert, andererseits werden nun für die schalltechnische Bestandsaufnahme (strategische Lärmkarten) und die Aufstellung von Lärmminderungsplänen (in der EU Terminologie „Lärmaktionspläne“) Fristen vorgegeben.

Stufe 1: Bis zum 30. Juni 2007 sind strategische Lärmkarten und bis zum 18.07.2008
Lärmaktionspläne zu erstellen:
• für Ballungszentren mit mehr als 250 000 Bewohnern
• für Straßen mit mehr als 6 000 000 Kraftfahrzeugen pro Jahr
• für Schienenwege mit mehr als 60 000 Zügen pro Jahr
• für Flughäfen mit mehr als 50 000 Bewegungen pro Jahr

Stufe 2: Bis zum 30. Juni 2012 sind strategische Lärmkarten und bis zum 18.07.2013
Lärmaktionspläne zu erstellen:
• für Ballungszentren mit mehr als 100 000 Bewohnern
• für Straßen mit mehr als 3 000 000 Kraftfahrzeugen pro Jahr
• für Schienenwege mit mehr als 30 000 Zügen pro Jahr

Wichtige Fortschritte dieser Richtlinie sind die explizite Beteiligung der Öffentlichkeit und die Fristsetzung für das Erstellen von Aktionsplänen.
Die Defizite sind: es sind keine Fristen zur Umsetzung der Aktionspläne vorgegeben. Und – die EU hat keine gemeinsamen Kriterien, Grenz- oder Zielwerte für die Aktionsplanung vorgegeben. Diese sind in das Benehmen der Mitgliedsstaaten gestellt; in Deutschland haben sich Bund und Länder nicht auf gemeinsame Zielwerte geeinigt. Die Richtlinie stellt die Verantwortlichkeit für die Aufstellung der Aktionspläne in die Hand der „zuständigen Behörden“ und überlässt es den Mitgliedstaaten, diese festzulegen. In Deutschland sind dies die lokalen Behörden der Städte und Gemeinden, die gerade beim Lärm an den Verkehrswegen des Bundes (Fernstraßen, Schienenwege) nur geringe Möglichkeiten der Lärmminderung haben. Die URL benutzt kein akustisches Kriterium für die Identifikation der Hauptlärmquellen. Im Ergebnis bedeutet dies eine Konzentration der ULR auf besonders hoch belastete Gebiete, die so genannten Hot Spots.
(Zitiert nach Michel Jäcker-Cüppers, Umweltbundesamt (UBA) Dessau-Roßlau „Aktueller Stand der Verkehrslärmbekämpfung in Deutschland“ in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Hochschule Mitweida (FH) Nr.2 2007)
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In Folge einer gesetzlichen Bestimmung die aus der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm vom 25. Juni 2002 hervorgeht, wurde am 25. Juli 2007 eine „Strategische Lärmkartierung an der Hauptverkehrsstraße – BAB A 14“ vorgelegt (Autor: Herr Dr. rer. nat. W. Henning). Die Bestimmung der „Hot Spots“ zur Aufstellung meiner Objekte zur punktierten Lärmkompensation ergibt sich aus diesem Untersuchungsbericht.

2) Projektbeschreibung

Punktierte Lärmkompensation für „Hot Spots“
Punktierte Lärmkompensation für freistehende Wohnobjekte in unmittelbarer Nähe zur A 14. Projektvorschlag von Tilman Küntzel 2007

Punktierte Lärmkompensation bedeutet, dass an bestimmten Stellen in einem Flächenradius von 1 bis 3 m2 ein erheblich reduzierter Geräuschpegel wahrgenommen wird. Voraussetzung ist, dass in der Umgebung dieser Flächen ein gewisser Geräuschpegel messbar ist.

Erzielt wird ein solcher Ruhepunkt, indem die vorherrschenden atmosphärischen Geräusche mikrophoniert und in Echtzeit deren Interferenzen errechnet werden. Das so generierte Schallereignis wird als „Antischall“ wiederum in Echtzeit mittels eines Lautsprechers abgespielt und bildet eine destruktive Interferenz, die das Auslöschen des Schallereignisses bewirkt.
Dieser Lautsprecher ist auf einen Parabolspiegel gerichtet und befindet sich in dessen Brennpunkt, dessen Position sich durch den Durchmesser des Hohlspiegels ergibt. Durch die Charakteristik des Hohlspiegels wird das Antischall-Klangereignis gebündelt und zielgerichtet auf einen bestimmten Punkt gelenkt, der sich in einer Entfernung von 40 bis 80 Metern befinden kann. An dieser angepeilten Fläche deckt sich das Antischallereignis mit dem wahrnehmbaren Umgebungslärm und wird somit ausgelöscht, da kein Schalldruck auf das Hörorgan von Tier und Mensch trifft. Damit das mikrophonierte Schallereignis deckungsgleich ist mit dem physisch Wahrgenommenen, müssen sich die Mikrophone ca. 300 m dichter an der Schallquelle befinden sich der zu erzielende Ruhepunkt. Somit treffen die Schallwellen um die Zeit eher auf die Mikrophone, die der Prozessor braucht, um ein Gegenschallereignis zu errechnen, dieses auf den Parabolspiegel abzugeben und es in der Reflektion dann beim Hörer eintrifft und den Hörpunkt neutralisiert.

Das Ziel, auf das der Parabolspiegel gerichtet ist, kann z.B. eine Hausfront sein oder ein einzelnes Fenster. Es kann auch eine Terrasse am Haus, eine Sitzgruppe im Garten, ein Hühnerstall oder eine Hundhütte am Haus sein. Der Radius eines so entstandenen Ruhepunktes hängt von der Größe des Parabolspiegels ab sowie von der Entfernung zum Objekt bzw. der Leistung des generierten Gegenschallereignisses.

Der Eigentümer einer solchen Antischall-Anlage kann mit einer funkgesteuerten Fernbedienung die Positionierung des Ruhepunktes individuell justieren. Ferner lassen sich hiermit die Parameter der Antischallberechnung einstellen und die Anlage komplett an- oder ausschalten. Zum Justieren werden mit den Steuerungstasten, bzw. mit einem Joystick der Fernbedienung Elektromotoren aktiviert, die sich an der Aufhängung des Parabolspiegels befinden. Die Berechnung der Parameter zur Antischallgenerierung erfolgt computergesteuert im Auto-Modus, basierend auf klimatischen Bedingungen wie Luftdruck, Luftfeuchtigkeit und Schallintensität, die Wetter- und Tageszeitabhängig und daher variabel sind.

Diese Projektidee basiert auf der Technik der destruktiven Interferenz, die bereits zur Geräuschabsorbierung in Industrieanlagen, Großraumbüros oder Hallen von Flughäfen und Bahnhöfen zum Einsatz kommt. Das Besondere hier ist die Kombination dieser Technik mit dem Prinzip des Flüsterspiegels, das in der Tradition der Architektur von Flüstergalerien oder Flüstergewölben steht. Eine weitere Besonderheit ist, dass hier die Schallabsorbierung von dem Anwender zielgerichtet und individuell gelenkt werden kann. Dadurch wird dem Aspekt der psychoakustischen Bewertung von Schallereignissen Rechnung getragen. Denn nicht jeder Mensch bewertet ein gewohntes, gleichbleibendes Hintergrundgeräusch zwingend als störend. Mit der Bereitstellung einer solchen Anlage hat ein Betroffener jedoch die Möglichkeit, den Umgebungslärm an bestimmten Orten seines Wohnbereiches und zu bestimmten Zeiten zu reduzieren. Gesundheitlichen Risiken, z. B. durch psychische Belastung, kann somit entgegengewirkt werden.

Ein Vorteil dieser Lösung ist, dass nicht ein gesamter Streckenabschnitt geschützt werden muss, wenn sich dort nur wenige „Hot Spots“ befinden, wie es durch Flüsterbelag oder das Installieren von Schallwänden möglich wäre. Vielmehr müssten nur da Schall kompensierende Einheiten installiert werden, wo betroffene Menschen diese beantragen.
Der gewünschte Effekt bei Flüsterbelag ist nicht von langer Dauer und bedarf Pflegedienste, für die es derzeit noch keine Lösungen gibt. Der Schutz durch Schallwänden funktioniert bei topographischen Höhenunterschieden nur bedingt. Diese Installationen beeinträchtigen zudem massiv das Landschaftsbild.