Mann am See

kinetisches Objekt

Material: Holz, Stahlstangen, Stahlfeder, Salzkonfekt „Fischies“ lackiert.

Tilman Küntzels Klangskulptur MANN AM SEE (1989) erscheint wie eine Hommage an jenes Welterleben und in der Art ihrer figürlichen Abstraktion und fragmentarischen Erscheinung erinnert sie an die phantasievollen Figurenspiele und Selbstbildnisse Paul Klees, obgleich kunsthistorisch keine Brücke zu schlagen wäre. Bei Klee steht das „innere Auge“ symbolisch für eine verinnerlichende Anschauung, die über die äußere Erscheinung hinaus zu einer Vermenschlichung des Gegenstandes führt, „die das Ich zum Gegenstand in ein über die optischen Grundlagen hinausgehendes Resonanzverhältnis bring[t].“
Die Zwiesprache mit der Natur gleicht bei Klee einem dynamischen Zustand, einem Zustand zwischen Traum und Realität, könnte man sagen. Mit dem MANN AM SEE wollte Tilman Küntzel nun dem Moment des wachen Träumens beim Anblick von Fischschwärmen, Vögeln, Wasser und Wolken, ein Denkmal setzten. Das Objekt besteht aus einem Holzkorpus in Form einer menschlichen Figur als Resonanzkörper, der auf einer Spirale in einem Betonsockel verankert ist und aus dessen Kopf lange Edelstahldrähte ragen, die mit einem Steg im Inneren des Korpus verbunden sind. Am Ende der Drähte sind kleine Figuren befestigt, die die Form von kleinen Fischen haben und die laut Küntzel lackiertes „Fischli“ Salzgebäck ist.
Durch Windbewegungen werden nun Korpus und Drähte in Bewegung gebracht. Die vielen „Fischlis“ stoßen aneinander und erzeugen diffuse Geräusche. Diese werden auf den Resonanzkörper (die menschliche Figur) übertragen und treten durch die Schallöcher, die Küntzel – berechnet nach den Regeln der Instrumentenbaukunst– in Form eines Spazierstocks durch Decke und Boden brach, heraus und werden als Resonanzklang hörbar. Der MANN AM SEE symbolisiert damit gewissermaßen die sinnliche Wahrnehmung, das leibliche Sich-befinden des Menschen in der Natur. Zugleich wird die Natur, hier selbst Mitspielerin der Kunst, auch als Quelle musikalischer Inspiration vorgestellt. (…)

Melanie Uerlings aus dem Essay: Im Dialog mit den Vögeln
in: Strukturgeneratoren und andere Allegorien
Saarbrücken 2002

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